Die Bedeutung von Sport für die Gesellschaft

Sport für eine bessere Gesellschaft?

Zugegeben: Klingt bisschen nach Abschlussarbeit im Sport-LK. Aber ich wollte etwas, das seriös klingt, denn ich bin der Ansicht, dass es hier um etwas wirklich Großes geht.

Aber von vorne. Seit rund einem halben Jahr trage ich diese Gedanken schon in mir. Warum also das Ganze nicht einfach mal zu Papier bringen – respektive ins Netz? Gestern Abend saß ich mit einer Freundin aus Deutschland beim Abendessen in Kapstadt. Wir haben uns mal wieder über alles mögliche unterhalten, natürlich auch ein wenig über den aktuellen Corona-Terror, der sich von Südafrika aus betrachtet etwas hysterisch anhört. Klopapier und Dosentomaten sind ausverkauft? What? Noch schlimmer ist die Betrachtung aus Mediensicht. Wie auch immer, anderes Thema.

Aber natürlich ging es auch um die Risikogruppe für die Viruserkrankung. Laut WHO und Co. sind vor allem ältere Menschen mit Vorbelastungen gefährdet. Mal abgesehen von Menschen mit akut schwachem Immunsystem durch andere Erkrankungen sind das also überwiegend Leute, die sich schlecht ernähren, zu viel trinken oder rauchen und generell körperlich nicht fit sind.

Ein sportlicher Mensch lebt gesünder

Was aus meiner Sicht wirklich helfen würde? Ganz einfach: Sport. Nicht direkt gegen Sars-CoV-2 oder die daraus mögliche Erkrankung Covid-19, aber generell der Gesellschaft. Ein sportlicher Mensch lebt gesünder, raucht seltener, trinkt weniger und hat auch ein stärkeres Immunsystem. Zudem ist er generell leistungsfähiger.

Auch der psychische Aspekt dürfte gigantisch sein. Mens sana in corpore sano (“ein gesunder Geist in einem gesunden Körper”) habe ich schon in der fünften Klasse im Lateinunterricht gelernt. Sportler haben ein gesundes Selbstvertrauen. Sie sehen im Vergleich besser aus als ihre unsportlichen Artgenossen, was ebenfalls das Selbstbewusstsein stärken sollte. Und ganz wichtig: Sie wissen, wie man sich einen Kick aus der Anstrengung holt. Das kann das Gefühl von “in the zone” sein, während man einen Sport ausübt. Oder die Regenerationsphase direkt nach dem Sport. Wanderer kennen das sicher: Die eigentlich karge Brotzeit auf der Almhütte schmeckt nach einem fünfstündigen Marsch immer sensationell. Zudem ist man ausgeglichener, hat mehr Antrieb und schläft besser.

Aber bis jetzt ist diese Zusammenfassung natürlich nichts Neues. Ich habe mich nur gefragt, warum sich manche Menschen seit ihrer Kindheit als Sportler begreifen – und andere nicht.

Warum sieht man sich als Sportler – oder eben nicht?

Ich zähle mich zu ersteren, ohne jemals professionell irgendeinen Sport ausgeübt zu haben. Aber ich hatte sportliche Eltern und habe als Kind ganz natürlich mit unterschiedlichen Sportarten begonnen. Mit 4 auf den Skiern irgendeinen Hügel hinunter. In der Schule dann Basketball und Rudern. Golf dank meinem Vater, der schon in den 70ern ein wenig im Ausland gespielt hat. Letztlich hatte ich vor allem in meiner Gymnasialzeit immenses Glück, da wir einen tollen Englisch- und Sportlehrer hatten, der nahezu alle Jungs schon in der fünften Klasse zu Basketball und Rudern gebracht hat (danke, Georg!). Basketball spielen wir bis heute – mehr oder weniger ambitioniert. Besonders interessant dabei: Die Einstellung, sich als Sportler zu sehen, hat nie aufgehört. Nicht bei mir und nicht bei meinen Freunden. Ähnliches sehe ich sogar im Golfclub bei den “Älteren”, die in den verschiedenen Seniorenmannschaften spielen. Alle einen Riesenklappe, alle eine mega Selbstbewusstsein. Natürlich hat jeder irgendwelche Beschwerden und Wehwehchen. Aber keiner würde deshalb auch nur einen Spieltag verpassen, wenn es nicht wirklich anders geht.

Nun aber zum Punkt: Ich glaube, dass diese eigene Kategorisierung, ob man sich selbst als Sportler einstuft, oder eben nicht, schon sehr früh stattfindet. Klar spielen Elternhaus und Umfeld eine Rolle. Aber warum gehen wir alle zu Schule, wenn uns die wichtigsten Dinge nicht beigebracht werden? Und hier sind wir im klassischen Sportunterricht. Den fand ich damals eigentlich recht gut, teilweise sogar großartig. Auf jeden Fall war der Schulsport für meine (Sport-)Freunde und mich immer ein Highlight. Aber wir waren eben auch alle gut und daher beliebt. Wurden am Anfang in die Teams gewählt, bekamen immer 15 Punkte oder eine Eins von den Sportlehrern. Konnten auf dem geforderten Niveau, das natürlich nicht besonders hoch war, alles locker umsetzen.

Ganz anders war es aber bei Klassenkameraden, die sich schwer taten. Feldaufschwung am Reck? No way, Bruchlandung auf der Matte. Lehrer: “Komm, du kannst es nochmal probieren.” War zwar nett gemeint, aber das war nur eine weitere Niederlage, die der Schüler einstecken musste. Plus eine Vier im Zeugnis. Oder die Bundesjugendspiele: Werfen, Sprinten, Weitsprung, Langstrecke. Hallo? Wo werden Millionen verdient? Eher nicht beim Weitwurf, dafür aber im Fußball, in den großen US-Sportarten (Football, Basketball, Baseball und Eishockey), beim Golf oder im Boxen. Wie werden aber deutsche Schüler zum Sport gebracht? Mit abgespeckter Leichtathletik. Und dann noch die Auszeichnungen: Wer damals keine Ehrenurkunde bekam, konnte es gleich vergessen. Eine härtere Demütigung als eine “Siegerurkunde” gab es bei Kindern kaum. Zumindest nicht bei den Jungs. Die Mädels wiederum hatten pünktlich zum Schulsport auffallend oft ihre Tage, steckten aber meistens wohl einfach schon etwas früher in der Pubertät fest. Auch hier hätte ein interessenbasierter Sportunterricht wahrscheinlich einen höheren Anreiz auf die Teilnahme ausgeübt.

Warum hat Sport keinen höheren Stellenwert in der Ausbildung junger Menschen?

Sollte man sich bei der Ausbildung nicht weitaus mehr um den Sport kümmern? Und viel individueller werden? Wer Schon mit 14 Lenzen 1,80 Meter groß ist und 90 Kilo wiegt, hat vielleicht richtig gute Chancen beim Boxen, Football oder Basketball. Ein anderer schwimmt lieber, tanzt oder macht Yoga. Aus meiner Sicht gibt es für fast jeden die richtige Sportart. Sport heißt nicht leiden. Sport ist Adrenalin, Lust, Gemeinschaft, Spannung, Erschöpfung, Flow, Schweiß, Rausch – meist sogar alles zusammen. Wo bekommt man das denn sonst noch? Auf Drogen? Im Suff? Beim Sex? Vor der Excel-Liste? Beim Blick auf das Bankkonto?

Aber zu oft wird einem die “Sportlichkeit” im Unterricht abgesprochen und auch nicht von Eltern oder Umfeld gefördert. Was bleibt: Ein Mensch, der eine hohe Tendenz hat, ungesund (und vielleicht sogar unglücklich) zu leben. Und das kostet letztlich alle Geld, denn die Gesellschaft trägt schließlich die Kosten für unsportliche Menschen mit. Das ist auch gut so, aber vielleicht könnte man dem Sport einfach einen höheren Stellenwert einräumen.

Es sollte aus meiner Sicht Anreize für Sportlichkeit geben. Das könnte beispielsweise sein: Cash-Back, Boni oder eine Rückvergütung bei der Krankenversicherung, wenn die versicherte Person gesund lebt. Alternativ könnte der Anreiz auch direkt vom Staat kommen. Oder von der Schule, Ausbildungsstätte oder Universität.

Folgende Punkte sollten “belohnt” werden. Wenn jemand …

  • nicht raucht
  • nicht trinkt
  • regelmäßig einem Sport nachgeht
  • regelmäßig Rad fährt (vor allem als Alternative zu anderen Fortbewegungsmitteln, die unsere Ressourcen verbrauchen)
  • sich nachhaltig ernährt
  • sich gesund ernährt

Jetzt schreit natürlich jeder: Wer soll das alles bezahlen? Box-Unterricht in der Schule! Voltigieren! Yoga! Spinnt der? Klar ist das auf den ersten Blick teurer, als das, was wir aktuell machen. Aber zwei Punkte dazu.

Ein Mal: Sind die Kosten, die durch Unsportlichkeit entstehen, 20 Jahre später nicht um ein vielfaches höher? All die Bandscheiben-Ops, Knie-Arthrosen, Raucherlungen, Diäten, Burn-Outs. Von den psychischen Problemen gar nicht erst zu sprechen.

Und zum anderen: Wäre es nicht möglich, Sportvereine und -Anbieter stärker zu integrieren? Vielleicht sogar die großen Brands wie Adidas, Nike, UnderArmour oder von mir aus auch Companys wie SAP (Tracking von Sport-Daten). Natürlich hat das einen monetären Beigeschmack, aber zumindest keinen wirklich schädlichen. Das kann man bei den Gummibären von Haribo und der zuckrige Coca-Cola, die an jedem Schulkiosk verkauft wird, eher nicht behaupten. Von Facebook, Instagram und dem iPhone, das nahezu jedes Kind im Unterricht am Start hat, ganz zu schweigen.

Zurück zur Sport-Idee: Das zertifizierte Yogastudio hilft beispielsweise beim Schulsport mit und bekommt mittelfristig Zuwachs durch neue Mitglieder. Der örtliche Tennisclub bietet schon im Schulunterricht Tennis an und hat dafür langfristig mehr Tennisbegeisterte. Der Alpenverein gliedert Schüler zu minimalen Gebühren oder komplett kostenfrei ein. Wer die Leistungen als Schüler lieb gewonnen hat, ist wahrscheinlich auch später im “richtigen Leben” bereit, dafür etwas Geld auszugeben.

Das ist aus meiner Sicht sogar günstiger, als teure Ad-Kampagnen mit Spezialisten aufzusetzen. Denn die Zeiten von damals haben sich schließlich geändert. Kunden wollen akquiriert werden – und das kostet mittlerweile richtig viel Geld. Auch im Sportmarkt. Warum vergrößern wir also nicht einfach diesen Markt um ein vielfaches, leben gesünder und werden insgesamt eine glücklichere Gesellschaft. Sport – egal in welcher Ausprägung – kann dabei helfen.